Nutzerinteraktion in einer internationalisierten Online-Welt

Shopware 5 und E-Commerce

Im weitesten Sinne ist jede Website ein User-Interface, zumindest, wenn es mehrere Seiten gibt, zwischen denen man navigieren kann. Oft kann man mit Seiten aber noch mehr machen als sie nur zu betrachten, z.B. wenn sie zu einem Webshop gehören, mit dem User ja recht intensiv interagiert.

Hier hat sich ein gewisser Standard etabliert, den wohl jeder kennt: Es gibt bei jeder Darstellung eines Artikels einen Button, mit dem man den Artikel „In den Warenkorb“ legen kann und in der Regel besteht auch noch die Möglichkeit, die gewünschte Stückzahl zu wählen. Zudem kann man oft noch detailliertere Beschreibungen und/oder zusätzliche, oft auch größere Bilder aufrufen. All das muss nun so gestaltet sein, dass es für den Besucher gut und komfortabel zu bedienen ist. Und die optimale Gestaltung kann durchaus von Land zu Land variieren.

Sprachlich-kulturelle Aspekte

Die Interaktion mit dem User muss nun nicht nur der Sprache, sondern auch den Seh- und Surfgewohnheiten der jeweiligen Ziellandes angepasst sein. Zum Beispiel reicht es nicht immer, die Aufschrift des „Kaufknopfes“ einfach zu übersetzen. Im Deutschen steht hier typischerweise nur ein prosaisches „In den Warenkorb“. Im Französischen und Niederländischen wird daraus aber (fast) ein ganzer Satz: „Ajouter au panier“ bzw. „Aan mandje toevoegen“. Im Englischen wird es direkter, hier erscheint bereits das Wort „kaufen“ auf dem Knopf, denn er ist in der Regel mit einen etwa für unser Empfinden geradezu schroffen „Buy Now“ beschriftet.

Soweit man für westliche Länder lokalisiert, kommt es vor allem auf gute Übersetzungen an, da sich die Sehgewohnheiten ähneln und fast überall Schriften benutzt werden, die man von links nach rechts liest. Aufeinander folgende Symbole oder Bilder sehen wir zum Beispiel aufgrund unserer Art zu schreiben von links nach rechts an. Daher wäre die Botschaft von drei Bildern klar, von denen das erste eine traurige, schwächliche Pflanze zeigt, dass zweite ein Düngemittel und das dritte eine vor Lebenskraft nur so strotzendes Pedant zum ersten Bild.

Jemand der gewohnt ist, arabisch zu schreiben und zu lesen, würde jedoch genau das Gegenteil verstehen, nämlich dass das angepriesene Düngemittel aus gesunden Pflanzen kranke macht – ganz einfach deswegen, weil man Arabisch von rechts nach links liest. Aus genau dem gleichen Grund muss man nun aber auch mehrere Eingabefelder, die nacheinander zu bearbeiten sind, für europäische Sprachen von links nach rechts, für den arabischen Kulturraum jedoch umgekehrt anordnen, damit der User die Eingabe nicht als unbequem empfindet.

Gestaltung lokalisierter Seiten vom Aspekt der Interaktivität her

Nach den vorangegangenen Überlegungen liegt es durchaus nahe, vom Aspekt der Interaktivität auszugehen, wenn man sich Gedanken über die Gestaltung von Seiten für einen bestimmten Sprach- bzw. Kulturraum macht – was natürlich auch für Seiten gilt, die man in seiner eigenen Sprache für sein eigenes Land gestaltet. Auf jeden Fall ist es mehr als nur ratsam, diesen Aspekt von Anfang an im Kopf zu haben.

Eine Möglichkeit wäre, sich zuallererst zu überlegen, was der Besuch auf der jeweiligen Seite tun soll: Waren betrachten, benötigte Mengen oder Größen mit einem Tool ermitteln, Bestellinformationen eingeben, eine Finanzierung berechnen… Anhand dieser Überlegungen und den Regeln der Softwareergonomie kann man dann ein Layout für die Bedienelemente und Anzeigen stellen, welches man dann mit den notwendigen Texten und gegebenenfalls Dekors vervollständigt.

Technische Aspekte

Die unterschiedlichen auf der Welt gebräuchlichen Schriften werfen jedoch nicht nur gestalterische, sondern auch technische Probleme auf. In den 128 Zeichen des früher üblichen 7-Bit-ASCII-Code waren noch nicht einmal Umlaute und Sonderzeichen enthalten. Mit 8-Bit-ASCII konnte man außer den ganz gewöhnlichen lateinischen Buchstaben und den arabischen Ziffern auch Umlaute und Sonderzeichen oder aber das kyrillische Alphabet darstellen.

Mittlerweile gibt es mit dem 16-Bit-Unicode eine Codierung, die über sämtliche Sonderformen der lateinischen Buchstaben hinaus auch jede Menge Platz für andere Schriften bietet, von denen einige bereits implementiert sind und andere noch implementiert werden sollen. Da man davon ausgehen kann, dass die User einen Zeichensatz für ihre Schrift installiert haben, kann man aber auch eine entsprechende 8-Bit-Codierung wie z.B. iso-8859-1 für Kyrillisch verwenden, die dann aber auch auf dem Webserver installiert sein muss.

Einige Überlegungen sollte man auch den vermutlich von den Usern verwendeten Displays widmen. Man darf nicht davon ausgehen, dass überall bereits so hochauflösende Bildschirme verwendet werden wie bei uns. Außerdem sollte man recherchieren, ob die Zielgruppe die Website nicht etwa vor allem mit Smartphones und/oder Tablets betrachtet.

Am besten lässt man sich zu solchen Dingen wohl von einem Muttersprachler mit guter Kenntnis der heutigen (Online-)Gesellschaft und Alltagssprache seiner Heimat beraten. Einen solchen sollte man ja sowieso auch für die Übersetzung und Anpassung der Texte für die lokalisierten Versionen hinzuziehen.

Gastbeitrag von Christian Arno.

Über den Autor: ist Gründer und Geschäftsführer des internationalen Übersetzungsbüro Lingo24, der auf drei Kontinenten tätig ist. Folge Lingo24 auf Twitter @l24de.

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